Plädoyer zur Kulturhauptstadt im Stadtrat am 13.03.2024

Sehr geehrte Damen und Herren,

Ich erinnere mich noch sehr gut an den Moment, in dem verkündet wurde, dass Chemnitz 2025 Kulturhauptstadt wird. Es war Oktober 2020 und ich saß mit meinen Kolleg:innen in einer Videokonferenz. Nebenbei beobachteten wir die Nachrichten und die Freude war riesig, dass Chemnitz den Titel erhalten hat.

Die Freude war auch deswegen so groß, weil viele Chemnitz den Titel eben nicht zugetraut hätten. Die letzten Nachrichten in der internationalen Presse über Chemnitz waren die neonazistischen und menschenverachtenden Ausschreitungen von 2018. Diese warfen – leider auch zu recht – ein schlechtes Bild auf die Stadt, das bis heute fortwirkt. Die Freude über den Titel war also auch deshalb so groß weil klar war: Das ist unsere Chance, ein anderes Bild von Chemnitz zu zeigen.

Wir können nicht tot schweigen, dass es diese hässliche Seite von Chemnitz gibt, die sich 2018 gezeigt hat. Damals wie heute glauben Einzelne, sie allein könnten für das gesamte Volk sprechen und dabei ihren Hass verbreiten.
Aber das ist nur eine Seite von Chemnitz und es ist die Minderheit. Es gibt in Chemnitz viele schöne und freundliche Seiten, die wir in der Kulturhauptstadt präsentieren können. Wenn ich diese Seite von Chemnitz beschreiben sollte, dann denke ich an Menschen, die offen und herzlich sind und beherzt anpacken. Menschen, die sich mit Kreativität und Elan für unsere Stadt einsetzen. Bei diesen Menschen ist klar, dass sich Chemnitz 2025 nicht verstecken muss und keine Peinlichkeit ist, wie von den Antragsstellern befürchtet.

Natürlich gibt es bei einem so großen Projekt wie der Kulturhauptstadt auch berechtigte Kritik und Sorgen. Wir alle kennen Projekte, die bereits vor 2025 gescheitert sind oder Akteure, die frustriert sind, weil sie nicht genug eingebunden wurden. Dieser Kritik muss sich Chemnitz als Kulturhauptstadt stellen. Ich bin aber davon überzeugt, dass wir uns nur selbst damit schaden, wenn wir den Blick ausschließlich auf das lenken, was nicht geht. Denn die Kulturhauptstadt wirft schon seit langem ihr Licht voraus. An vielen Stellen wird gebaut, es entstehen neue Orte der Begegnung, die auch über 2025 hinaus ein Gewinn für unsere Stadt sein werden. Und wichtiger noch als die Infrastruktur sind die Projekte, in denen sich Menschen engagieren und etwas in unserer Stadt bewegen. Ich nenne als nur ein Beispiel die vielen Mikroprojekte, die inzwischen in die 13. Runde gehen.

Wir wissen von ehemaligen Kulturhauptstädten, dass das letzte Jahr vor der Kulturhauptstadt, das schwierigste ist. Die Bürger:innen warten ungeduldig auf ein Programm und wollen Ergebnisse sehen. Diese Ungeduld spüren wir auch hier in Chemnitz. Was wir aber auch aus den anderen Städten wissen: Mit der Eröffnung der Kulturhauptstadt löst sich der Knoten und die Begeisterung bricht aus. Die Städte berichten von einem großen Gewinn für die Entwicklung ihrer Stadt.

Wer gegen die Kulturhauptstadt ist, ist auch gegen diese positive Entwicklung unserer Stadt. Wer gegen die Kulturhauptstadt ist, ist gegen das Engagement zahlreicher Bürger:innen dieser Stadt. Wer gegen die Kulturhauptstadt ist, ist definitiv nicht für Chemnitz – auch, wenn er das dem Fraktionsnamen nach vorgibt zu sein.

Dass wir den Antrag ablehnen werden, erübrigt sich zu sagen.

+++ es gilt das gesprochene Wort +++

Rede von Anna Lanfermann in der Stadtratssitzung am 13.03.2024

Weitere Beiträge

Musikalische Bildung in Chemnitz sichern!

In der Stadtratssitzung am 15. Mai steht ein fraktionsübergreifender Antrag zu personellen Maßnahmen zur Qualitätssicherung an der Städtischen Musikschule auf der Tagesordnung. Volkmar Zschocke, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Fraktionsgemeinschaft BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erläutert die dringende Handlungsnotwendigkeit:

Weiterlesen »
Nach oben Zum Inhalt springen